20.08.2020

Allgemeinverfügung des Wetteraukreises zur Wasserentnahme

Amtliche Bekanntmachung
Kreisausschuss des Wetteraukreises
Fachstelle Wasser- und Bodenschutz

Auf Grundlage des § 100 Abs. 1 des Gesetzes über die Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) erlässt der Kreisausschuss des Wetteraukreises, vertreten durch die Fachstelle Wasser- und Bodenschutz als zuständige untere Wasserbehörde folgende

I. Allgemeinverfügung

  1. Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Bäche, Flüsse, Seen) im Wetteraukreis wird bis einschließlich 30. November 2020 oder bis auf
    Widerruf untersagt. Hiervon ausgenommen sind das Tränken von Vieh sowie  das Schöpfen mit Handgefäßen.
  2. Die Untersagung gilt auch für die Entnahme durch die Eigentümer der an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger).
  3. Der Kreisausschuss des Wetteraukreises kann auf Antrag eine widerrufliche Ausnahmeerlaubnis erteilen, soweit eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit ausgeschlossen ist.
  4. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.
  5. Diese Verfügung gilt ab dem Tag nach der Bekanntgabe.

II. Begründung

Rechtsgrundlage für die in Ziff. 1 und 2 getroffenen Anordnungen ist § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. § 65 Abs.1 Hessisches Wassergesetz (HWG) sowie den §§ 33, 25, 26 WHG und 19 Abs. 3 und 21 Abs. 1 HWG.
Gem. § 26 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dürfen Eigentümer von Gewässergrundstücken und Anlieger Wasser für den eigenen Bedarf aus oberirdischen Gewässern entnehmen, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten ist.
Durch die anhaltende Trockenheit haben sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt in
vielen Gewässern des Wetteraukreises sehr niedrige Wasserstände eingestellt. Eine
Änderung dieser Situation ist derzeit nicht absehbar.
Aufgrund der Niedrigwasserstände besteht die Gefahr, dass die Gewässerbiozönose
nachhaltig gestört wird. Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern
mittels Pumpvorrichtungen verstärkt diese Gefahr erheblich. Dieses gilt selbst
dann, wenn an einzelnen Entnahmestellen noch eine ausreichende Wasserführung
beobachtbar sein sollte.
Eine ungeregelte und unbeschränkte Entnahme von Wasser bedroht Tier- und
Pflanzenwelt in den Gewässern und gefährdet die notwendige natürliche
Selbstreinigung. Dazu kommt, dass erfahrungsgemäß an vielen Stellen, an denen
Wasser gepumpt wird, unerlaubt Staustellen oder Pumpensümpfe errichtet
werden, um das Wasser sammeln und ableiten zu können. Der Anstau von
oberirdischen Gewässern ohne wasserrechtliche Erlaubnis und die Errichtung von
Anlagen im Gewässer ohne Genehmigung ist verboten, wird aber dennoch im
Zusammenhang mit den Wasserentnahmen sehr oft praktiziert.
Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushalts
und des Schutzes der Natur ist eine Beschränkung des Eigentümer- und
Anliegergebrauchs erforderlich.
Die Allgemeinverfügung ist angemessen und geeignet, um vorsorglich die Lebensgrundlage
Wasser, gewässerökologische Belange und das Wohl der Allgemeinheit
einschließlich Rechte von Wasserrechtsinhabern zu schützen und zu erhalten. Sie
ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen, wassermengen- und
wassergütewirtschaftlichen Anforderungen.
Das unter § 19 HWG als Gemeingebrauch eingestufte Entnehmen von Wasser mit
Handgefäßen bleibt von der Allgemeinverfügung unberührt und gilt weiterhin fort.
Zudem ist in Ausnahmefällen die Erteilung einer widerruflichen
Ausnahmegenehmigung auf Antrag möglich. Damit sind die Interessen der
Eigentümer von Gewässergrundstücken und der Anlieger angemessen
berücksichtigt.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt im überwiegenden öffentlichen
Interesse i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung. Es ist nicht
vertretbar, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln bestehende
Wasserentnahmen fortgesetzt werden können und dadurch die Gewässersituation
weiter verschlechtert wird. Durch weitere Entnahmen wäre der zur
Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestabfluss
nicht mehr zu gewährleisten.
Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs
und tritt am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft.
Die Einhaltung des Entnahmeverbotes wird überwacht. Auf die Bußgeldvorschriften
der §§ 103 WHG i.V.m. § 73 HWG wird hingewiesen. Verstöße können mit
Bußgeldern bis zu einer Höhe von 100.000 € geahndet werden.

III. Hinweise

Das Entnahmeverbot gilt nicht für zugelassene Benutzungen (Erlaubnisse,
Bewilligungen, alte Rechte). Sofern die Einschränkung von Befugnissen und
Rechten erforderlich wird, ergeht eine gesonderte Anordnung durch die zuständige
Behörde.

IV. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch
erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder mündlich zu erheben bei dem:

Kreisausschuss des Wetteraukreises, Homburger Str. 17, 61169 Friedberg.

Es wird darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch aufgrund der Anordnung der
sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung hat.

Friedberg, den 29.05.2020
gez.

Jan Weckler
Landrat

Matthias Walther
Kreisbeigeordneter